Litigation-PR : der Blog

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Tausche Eisbär gegen Pinguine. Litigation-PR als Zusatzleistung eines Prozessfinanzierers

6. Juli 2010 | Autor: Gastblogger | Keine Kommentare Artikel drucken

Wir freuen uns über den Gastbeitrag von Rechtsanwältin Birte Meyer, Allianz ProzessFinanz GmbH, München. Frau Meyer verdeutlicht in ihrem Beitrag ein neues Anwendungsfeld der Litigation-PR; nämlich als Zusatzleistung zu einer Prozessfinanzierung neben der Abdeckung von Anwalts- und Gerichtskosten sowie der Verlustrisikoübernahme .

Liegt es an der geschickten Marketingstrategie einiger Kommunikationsagenturen oder an einer allgemeinen Sensibilisierung für die hohe Wirksamkeit gezielter Kommunikation, dass prozessbegleitende Pressearbeit immer mehr en vogue gerät? Nicht nur in spektakulären Straf- und  Wirtschaftsprozessen gewinnt die Berichterstattung in den Medien immer mehr an Bedeutung. Weiter wird im Rahmen von Zivilrechtstreitigkeiten koordinierte Pressearbeit verstärkt eingesetzt. Auch als zusätzlicher Service im Rahmen einer Prozessfinanzierung; also einer Rechtsdienstleitung, im Rahmen derer Anwalts- und Gerichtskosten  vorfinanziert und das gesamte Prozessrisiko gegen eine faire Beteiligung am Erfolg übernommen wird, wenn es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt.

Ungewöhnliche Fälle erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Vor allem, wenn ein allseits bekannter Star involviert und mit Sicherheit ein erhebliches Medieninteresse zu erwarten ist. Wenn zusätzlich eine äußerst komplizierte Rechtsfrage in Streit steht und schnell ein Gerücht entstehen könnte, das zu einem emotionalen Aufschrei in Teilen der Bevölkerung führt, sollte die eigene Kommunikation nach außen gut überlegt und geplant sein. Eine solche Situation ergab sich im Fall um den Eisbären „Knut“. Es ging um eine Beteiligung an den Lizenzeinnahmen, die der Zoo Berlin mit seinem Star erwirtschaftet hatte. Der Tierpark Neumünster war – was bis dahin kaum einer wusste – der Eigentümer des Tieres und verlangte von Berlin Auskunft und Zahlung, was in der Hauptstadt rigoros abgelehnt wurde. Die PR-Abteilung des größten und artenreichsten Zoos Europas ließ vielmehr in sämtlichen Zeitungen den berühmten Satz ihres Direktors zitieren: „Die bekommen ein paar Pinguine!“ Ferner stand zu befürchten, dass die Behauptung in die Welt gesetzt würde, „Knut“ solle aus Berlin weggeholt werden, und dementsprechend „Stimmung“ gegen Neumünster gemacht werden würde.

Mit Geld, Geduld und Fingerspitzengefühl

Da der Tierpark Neumünster von einem gemeinnützigen Verein getragen wird, stand er allerdings vor dem Problem, dass er weder die Kosten für einen Rechtsstreit aufbringen konnte, noch ein hohes Kostenrisiko für den Fall des Unterliegens eingehen wollte, noch Erfahrung im Umgang mit den Medien hatte. Er bekam Unterstützung durch einen Prozessfinanzierer, der nicht nur den Fall finanzierte und das Verlustrisiko übernahm, sondern ihm auch eine PR-Agentur an die Seite stellte, die insbesondere den Direktor des Tierparks für Pressekonferenzen und telefonische Interviews trainierte. Außerdem wurden Pressemappen erstellt sowie zu allen entscheidenden Phasen des Rechtstreits Pressemitteilungen herausgegeben: bei Klageeinreichung, vor der ersten mündlichen Verhandlung und unmittelbar danach (man hatte verschiedene Szenarien bereits vorbereitet, die dann innerhalb kürzester Zeit angepasst und über den Verteiler gesendet wurden). Hierbei wurde vor allem Wert darauf gelegt, die Tatsachen wie Eigentümerstellung des Tierparks Neumünster und den genauen juristischen Anspruch darzustellen: es ging nicht darum, Knut dem Berliner Zoo „wegzunehmen“ und auch nicht um die Eintrittsgelder, die mit ihm verdient wurden, sondern allein um eine Beteiligung an seiner millionenschweren „Verwertung“.

Journalisten sind oftmals völlig unvorbereitet, da sie spontan zu Gerichtsverhandlungen geschickt werden und kurzfristig berichten müssen. Daher sind oftmals wenige Minuten entscheidend für die Weichenstellung bei der Berichterstattung. Natürlich entscheidet das Gericht, doch insbesondere im Hinblick auf Einigungsgespräche spielt das Image in der Öffentlichkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Schließlich wurde nach Abschluss des Vergleichs eine Pressekonferenz organisiert, um den Medien den Inhalt der Einigung vorzustellen: Der Tierpark Neumünster erhielt vom Zoo Berlin insgesamt 430.000 Euro in drei Raten. Außerdem hat er sich bereit erklärt, das Tier dem Zoo Berlin endgültig zu überlassen. Erst in diesem Kontext wurde auch die Prozessfinanzierung offengelegt.

Immer häufiger prozessbegleitende Pressearbeit

Im Fall der Nürnberger Ingenieursfirma IS Industrial Services wurden von den österreichischen Baukonzernen Alpine und Porr für rund 2,5 Millionen Euro Leistungen für den Ausbau von Fußballstadien beauftragt. Und zwar nicht für irgendwelche Stadien, sondern für die der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich. Aufgrund angeblicher Mängel wurde jedoch nur ein Bruchteil gezahlt. Der wirtschaftlich übermächtige Gegner trieb das mittelständische Unternehmen arg in die Bedrängnis – die EM war vorbei, der allgemeine Medienrummel und öffentliche Druck hatten sich gelegt. Doch IS Industrial Services zog schließlich prozessfinanziert vor Gericht und wieder in die Presse: in der Allianz Arena wurde ein Journalistengespräch veranstaltet, bei dem Kläger, Anwalt und Finanzierer den Fall darstellten. Letztes Jahr erhielt das Ingenieursbüro schließlich doch noch einen Großteil des ihm zustehenden Honorars.

Nicht immer spielt sich die Medienarbeit so deutlich ab, wie in den vorgeschilderten Beispielen. Manchmal erfolgt die Pressearbeit ganz subtil. So wurde in einem anderen Fall für den Inhaber des prozessfinanzierten Anspruchs eine Kommunikationsagentur engagiert, die über ihren eigens zusammengestellten Verteiler mehrere (abgestimmte) Pressemitteilungen zu dem Fall herausgab und über Monate das Thema in den entsprechenden Fachzeitschriften, aber auch Wirtschafts- und Boulevardblättern platzierte. Ziel war es, die Diskussion anzufachen und den konkreten Fall als Muster für den schon seit langem in der Szene hörbaren Ruf nach einer Änderung der Rechtssprechung zu nutzen. Zudem sollte Druck auf die Gegenseite ausgeübt werden, die nicht damit gerechnet hatte, dass sich einer für viele in die Öffentlichkeit stellte.

Es gilt, stets sensibel und mit Blick auf die Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob die Bekanntheit der Protagonisten, das Verhalten einer Partei oder die Auswirkungen einer Rechtsfrage in der Öffentlichkeit gut aufgehoben sind. Oder besser vor ihren teilweise unkalkulierbaren Effekten geschützt werden sollten. Denn nur richtige Presse ist gute Presse.

Über RAin Birte Meyer, Allianz ProzessFinanz GmbH

Birte Meyer arbeitete zunächst als Rechtsanwältin einer internationalen Großkanzlei und einer mittelständischen Wirtschaftskanzlei, bevor sie zur Allianz ProzessFinanz GmbH wechselte. Bei der Allianz ProzessFinanz GmbH ist Frau Meyer unter anderem für die Bereiche Marketing, Presse und Vertrieb verantwortlich, in ihren zahlreichen Publikationen zur Prozessfinanzierung sowie zum anwaltlichen Erfolgshonorar zum Ausdruck kommt. Frau Meyer erreichen Sie per Mail: birte.meyer@allianz.de

Darüber hinaus hat Birte Meyer ihren ersten Roman veröffentlicht: Himmel auf Rührei handelt von verrückten Rechtsfällen, Kanzleialltag und Mandantenwahnsinn https://www.himmel-auf-ruehrei.de/

„Darüber hinaus hat Birte Meyer ihren erstenRoman veröffentlicht: Himmel auf Rührei handelt von verrückten Rechtsfällen,Kanzleialltag und Mandantenwahnsinn“ https://www.himmel-auf-ruehrei.de/

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